eine theorie und viele fragen
es ist schon eine weile her, dass ich mich das letzte mal auf twitter etwas länger über cis-väter ausgelassen habe, aber heute war es mal wieder soweit. ich habe in den letzten monaten öfter dynamiken in familien still beobachtet und eine theorie aufgestellt. zugegeben sie ist nicht wirklich neu aber es schadet ja auch nichts das immer mal zu überprüfen..
meine theorie: cis männer können noch so reflektiert sein, als elter schaffen sie es nicht die rollen zu durchbrechen, nicht weil sie nicht könnten sondern, weil sie zu bequem sind zu kämpfen..
„ich würde ja aber mein chef/ die gesetzgebung/ die gesellschaft ist so intolerant“
das machen sie vllt nicht mal bewusst aber das patriarchale system gibt ihnen genug entschuldigungen warum es doch nicht geht wie sie wollen – und nein, elternzeit nehmen zählt nicht, danach geht es nämlich erst richtig los: emotionale arbeit, haushalt, elternabende, arztbesuche, alltag ist nicht das selbe wie am wochenende mit dem kind auf den spielplatz gehen & tolle dinge unternehmen. die rollen sind – oft sogar unbemerkt – noch ganz klassisch verteilt; dabei ist es erstmal völlig egal ob die elter*n zusammen sind oder nicht, allerdings wird es nach einer trennung oft schlimmer. ich mache das gerne an vermeintlichen kleinigkeiten fest wie z.B.:
wer von den elter*n ist auf veranstaltungen, die nichts mit dem kind zu tun haben?
wenn beide da sind, wer geht eher um das kind ins bett zu bringen?
wer bewegt sich dort frei?
wer trägt das kind die meiste zeit?
wer bekommt das lob & nimmt es an?
wer wird gefragt wo das kind jetzt ist?
wer muss kinderfreie zeit beim anderen elter*nteil aktiv einfordern, wer bekommt sie ganz selbstverständlich?
wer muss sich dafür rechtfertigen ohne kind unterwegs zu sein?
aber auch:
wer hat das letzte wort bei erziehungsfragen?
wer ist das strenge elter, wer das nachgiebige/ lustige?
wer denkt an alles?
wer steht mit den kindern morgens auf?
bei wem wohnt das kind?
wer ist ansprechpartner*in im kiga/ schule?
und: wer wird sofort verteidigt wenn der patriarchale zustand kritisiert wird?
denn: wenn ich auf diese muster aufmerksam mache, kommen natürlich immer sofort eine hand voll (mehr sind es meistens nicht) menschen, die aufgeregt erzählen, dass es bei ihnen anders läuft. ich frage mich dann zu erst immer mit welcher erwartung an mich sie das tun?
ich finde es schön, dass ihr das so empfindet. wirklich. aber dann gibt es für euch doch gar keinen grund sich angegriffen zu fühlen und ihr könntet die nachricht weiter verbreiten? euch dafür einsetzen, dass sich das patriarchale system ändert. mit gesetzgeber*innen streiten, mit dem chef diskutieren und mit euren väter buddies darüber sprechen, wie sie ihre co elter entlasten können…
warum verteidigt ihr euch/ eure männer, anstatt mich zu unterstützen, wenn wir doch angeblich auf der selben seite sind?
warum seid ihr so beleidigt wenn ich euch als das beschreibe was ihr seid: cis-männer/ dudes/ typen?
was hindert euch daran mit den familien zu kämpfen, bei denen es anders ist?
und warum erwartet ihr extra lob dafür, wenn ihr es tut?
danke <3
dieser verteidigungsreflex wundert mich auch immer sehr. wie sollen wir so weiterkommen? ich glaube, dass ein grund dafür darin liegt, dass die "schuld" für klassische rollenverteilung in heterobeziehungen-mit-kind(ern) leider gerade auch in linken/(mainstream-lean-in)feministischen zusammenhängen (indirekt) immer noch bei den frauen* gesucht wird. d.h. die verteidigung des mannes ist gleichzeitig die eigene ("ich hab alles richtig gemacht").
ich fände es spannend, das thema anhand individueller einzelfallstudien mit blick in die herkunftsfamilien (wie war dort die rollenverteilung? auch unter den geschwistern? welche werte, wie viel egoismus usw. wurde gelehrt) und die sozialisation im freund*innenkreis aufzurollen. vielleicht könnten dann zusammenhänge offen gelegt werden? auch, wie es zu dieser "bequemlichkeit" kommen kann. denn die bequemlichkeit ist ja in wirklichkeit ein unverschämtes ausnutzen der eigenen partnerin* und ihrer ressourcen. das sollte vielleicht auch manchmal stärker kommuniziert werden bzw. auch bewusst(er) gemacht werden. (damit meine ich konkret zb in politische kampagnen für mehr gleichberechtigung. außerdem finde ich es falsch, dass diese nur rund um elternzeit und karenz kreisen, denn wie dur eh bemerkt hast, geht es danach erst so richtig los.)
danke für deinen kommentar (ich hab ihn leider erst heute gesehen). ich habe bei dem text ja tatsächlich nur an der oberfläche gekratzt, eigentlich müsste noch mal genauer unterschieden werden zwischen den abwehreaktionen der cis-männer und die verteidigung derselben durch frauen*. bei letzterem gebe ich dir auf jeden fall recht: die schuld, verantwortung & arbeit dafür, dass es eine gleichberechtigte beziehung ist liegt viel zu oft noch bei den frauen*. was mich vor allem so ärgert ist, dass auf cis-männer wie immer ein viel geringerer standard angesetzt wird, als müsse man froh sein überhaupt etwas von ihnen zu bekommen und ja, bequemlichkeit ist natürlich ein viel zu nettes wort für das was da eigentlich passiert und muss noch viel öfter und deutlicher kommuniziert werden… danke für deine ergänzungen. <3
Ha.
Sehr guter Artikel.
Jetzt muss ich erstmal ne Runde nachdenken gehen.