me, myself & child - music & matriarchy
  • Home
  • #ohneVaeter
  • #parentingagainstthecistem
  • frau naijn
  • Impressum
Home
#ohneVaeter
#parentingagainstthecistem
frau naijn
Impressum
me, myself & child - music & matriarchy
  • Home
  • #ohneVaeter
  • #parentingagainstthecistem
  • frau naijn
  • Impressum
ohne väter

ohne Väter: Kapitel 12 – Elena

4. April 2016 by frau naijn Keine Kommentare

L&G im Garten.JPG

Stell dich bitte kurz vor:
Ich bin Elena, gerade 32 geworden, und ziehe bald für einen neuen Job vom Land in die Stadt. Bislang habe ich in Vollzeit promoviert, die Doktorarbeit werde ich nun neben einer 30 Std. Stelle als Referentin fertig schreiben.

Wie lange bist du schon Mutter*?
Seit vier Jahren. Gleich zweifach :-). Mit meinen Zwillingsmädchen bin ich von Beginn an zu dritt.

Was ist für dich Familie? Was ist für dich Elternschaft?
Was Familie ist finde ich eine wichtige Frage, weil der Begriff meist zu eng definiert wird. Für mich ist Familie da, wo Familienleben stattfindet. Da, wo Menschen Verantwortung füreinander übernehmen und verbindlich füreinander da sind. Familiäre Beziehungen definieren sich für mich über diese besondere Qualität, nicht unbedingt durch Verwandtschaft oder Quantität. Obwohl ich viele Verwandte habe, mit denen ich in dieser besonderen Weise in Beziehung stehe, gibt es auch einige Menschen, die ich zur Familie zähle, ohne dass ich mit ihnen verwandt bin.

Elternschaft ist für mich vor allem eine Chance für persönliches Wachstum in Beziehung zu den Kindern. Ich glaube vor einer größeren (und wundervolleren) Herausforderung habe ich bisher in meinem Leben nicht gestanden. Verantwortung für zwei Menschen zu tragen, und sie ins Leben zu begleiten lehrt mich sehr viel über mich selbst, meine Stärken, Schwächen und Grenzen. Seit ich Kinder habe, werde ich mir immer klarer darüber was ich will und was mir wichtig ist, und kann dafür auch immer besser einstehen.

Wieviel Vater ist in euerm Leben? (Wie) unterstützt er euch?
Der Vater der Beiden ist in unserem Leben nicht präsent. Wir bekommen Mindestunterhalt (manchmal auch weniger).

Wer unterstützt euch?
Meine Familie.

Wie sieht eure finanzielle Situation aus?
Die finanzielle Situation ist in Ordnung. Für große Sprünge, Sparverträge, oder eine vernünftige Altersvorsorge reicht es nicht, aber im Alltag müssen wir nicht zu sehr aufs Geld achten. Vielleicht auch eine Frage der Prioritäten. Ich mache lieber ab und an Ausflüge mit den Beiden, als für große Urlaube, oder die Rente zu sparen. Dass ich das so wählen kann empfinde ich manchmal fast schon als Luxus, wenn ich die schwierige finanzielle Lage der vielen Alleinerziehenden bedenke, bei denen es überhaupt keinen Spielraum gibt. Gerade überbrücke ich ein paar Monate zwischen zwei Arbeitsverträgen mit ALG1. Da sieht die Sache schon anders aus. Ich bin sehr froh, dass da ein Ende abzusehen ist.

Beschreibe doch einmal euren Alltag, einen ganz gewöhnlichen Wochentag z.B., (ohne Vater) bitte:
Eigentlich finde ich, dass „Alltag“ seit ich die Kinder habe kaum stattfindet. Zumindest nicht in so einem ruhigen beschaulichen Sinne. Dafür passieren viel zu oft unvorhergesehene Dinge. Oft ist es so, dass zwischen Arbeit und Kindern kein Platz ist für mich. Oder so, dass es entweder an Zeit für Arbeit oder an Zeit für die Kinder fehlt, so dass Zeit für mich gar nicht mehr zur Debatte steht. Wenn solche Phasen lange anhalten ist das sehr zermürbend, ich versuche also mir kleine Inseln zu schaffen, soweit das geht, mache morgens 10-15 Minuten Yoga während die Kinder sich daneben für den Kindergarten anziehen oder spielen (manchmal kostet mich das Überwindung, es tut aber immer gut), oder lasse sie ein bis zweimal im Monat bei den Großeltern schlafen, so dass ich mich mal alleine mit Freund*innen treffen, oder auch einfach mal länger schlafen kann (auch das kostet mich manchmal Überwindung, tut aber immer gut).

Was ist schwer?
Die Auseinandersetzung mit schweren Themen, die meines Erachtens von außen schwerer gemacht werden als sie sein müssten. Die finanzielle Vorsorge (für die Kinder / für mich) ist so ein Thema. Die Abwesenheit des Vaters und wie ich meine Kinder in ihrer Trauer und Wut darum gut begleiten kann ist ein anderes.

Mir Zeit nur für mich zu nehmen und die auch immer zu genießen. Das lerne ich aber gerade.

Was ist leicht?
Mit meinen Kindern im Moment zu leben. Kinder können das gut und sind da sehr mitreißend 🙂

Was/Wer* empowert dich?

Vor allem Gemeinschaft mit anderen Müttern*. Die findet für mich online und offline statt, und beides gibt mir viel Kraft. Einfach gemeinsam Zeit mit den Kindern zu verbringen, so dass alle gemeinsam nach allen schauen, aber jede auch mal durchatmen kann. Zu wissen dass ich mit meiner Situation und den Schwierigkeiten, die daraus resultieren nicht alleine bin, mich darüber mit anderen auszutauschen, und dann auch gemeinsam auf Missstände hinzuweisen und Veränderung anzustoßen. Aktuell machen wir das zum Beispiel in einer Arbeitsgruppe des VAMV NRW e.V. zum Thema „Familienbilder“, die ich gemeinsam mit anderen Alleinerziehenden gegründet habe. Unsere Image-Kampagne für Alleinerziehende #alleinerziehendheisst (zu finden über http://alleinerziehendheisst.de) ist gerade angelaufen.

Denkst du politisch & gesellschaftlich wird genug für Mütter* getan?
Überhaupt nicht. Vor allem nicht für Alleinerziehende Mütter. Ich denke die Krux liegt da, wo die Aufgaben die Mütter* zu bewältigen haben keine, oder nicht genug, Wertschätzung (auch finanzieller Art) erfahren. Da muss es ein Umdenken geben. Kinder verantwortlich ins Leben zu begleiten ist eine große Aufgabe, die mit viel Arbeit einhergeht. Das fängt bei der Sicherung des Lebensunterhalts für die Familie an, geht über Tätigkeiten im Haushalt, und hört selbst bei der Freizeitgestaltung mit den Kindern nicht auf. Das sind im Großen und Ganzen alles Dinge, die ich gerne tue, in denen ich aber durch die strukturelle Benachteiligung von Frauen* und insbesondere Müttern* und insbesondere alleinerziehenden Müttern* die in unserer Gesellschaft vorherrscht behindert werde. Meines Erachtens geht es dabei nicht darum, Mütter* besser zu stellen. Es ist eine Frage der Gleichstellung.

Was fehlt?
Was ich mir von Politik und Gesellschaft erhoffe, ist dass sie Rahmenbedingungen schafft, die Müttern* echte Wahlmöglichkeiten eröffnet. Drei Jahre zu Hause beim Kind bleiben, oder nicht… Teilzeit, oder Vollzeit arbeiten… Egal welchen Weg eine Mutter* aus ihrer persönlichen Situation mit Kind(ern) heraus für die beste erachtet, alle Optionen sollten als legitim anerkannt, und auch finanziell gangbar gemacht werden. Wenn die Arbeit, die eine Mutter zu Hause für die Gemeinschaft leistet, indem sie Kinder großzieht, als wertvoll anerkannt und gefördert würde, und die Arbeit, die Kinderbetreuungseinrichtungen leisten, während Mütter arbeiten, ebenso wertgeschätzt, gefördert und angemessen entlohnt würde, dann wäre das ein erster Schritt in die richtige Richtung. Die Liste konkreter politischer Forderungen, die sich daraus ableiten lässt ist lang…

Was wünschst du dir von deiner Umwelt?
Für mich ist die Frage nicht so sehr was meine Umwelt für mich tun kann, sondern eher, wie man so in Gemeinschaft zusammen leben könnte, dass das alle bereichert. Ich wünsche mir also von und für meine Umwelt vor allem mehr Sinn für Gemeinschaft, den Willen sich darin einzubringen, und die Erkenntnis und das Erleben, dass das ein Gewinn ist. Konkret gefällt mir zum Beispiel die Idee gemeinsam mit anderen Familien* unter einem Dach zu leben, und sich so gegenseitig zu unterstützen. Oder eben in anderer Form ein gutes Netzwerk zu aufzubauen, so dass das Leben mit den eigenen Kindern nicht in Isolation stattfindet. (Siehe Empowerment ;-)). 

Was wäre für dich persönlich das beste Familienkonzept?
Ich finde alles so wie es bei uns gerade ist schon richtig gut. 🙂

Ein „ideales“ Familienbild habe ich nicht, ich denke Familie kann auf viele Arten toll sein. Für mich ist es sehr wichtig meinen Kindern zu vermitteln, dass eine Einelternfamilie kein „Mangel-Modell“, sondern eine vieler guter Weisen ist, Familie zu leben. Ich finde das geht am besten indem ich ihnen die volle Palette möglicher Familienkonzepte sichtbar mache. Ich achte zum Beispiel sehr darauf, dass so viele Familienmodelle wie möglich repräsentiert sind, in unserem Kinderbücherregal.

Findest du Support im Feminismus?
Absolut. Obwohl Feminismus auch vorm Muttersein schon in meiner Arbeit Thema war, hat er sich mir auf der persönlichen Ebene mit dem Mutterwerden erst so richtig erschlossen. Während ich mir in meinem Mädchen-, bzw. später Frau-sein nie sonderlich eingeschränkt vorkam, von irgendwelchen Rollenbildern, haben mir die Vorstellungen davon was eine „gute“ Mutter zu sein und zu tun hat von Beginn an viel Unbehagen bereitet. Das fing schon in der Schwangerschaft an und hat seitdem nicht mehr aufgehört. Zu Beginn habe ich das viel zu sehr an mich rangelassen, und manchmal mit mir gehadert (Bin ich nun gut als „Mutter“?). Inzwischen habe ich mir aber eine feministische Brille zugelegt, durch die ich alles was in unserer Gesellschaft übers Muttersein an Vorstellungen kursiert ganz anders sehen kann. So bin ich viel gelassener und entspannter als Mutter. Gleichzeitig bin ich aber auch viel politischer geworden. Ich finde Mutter-, bzw. Elternschaft ist eine zutiefst feministische Angelegenheit. Es muss noch viel passieren, damit Frauen* ihr Muttersein frei von gesellschaftlichen Zwängen und Diskriminierungen authentisch leben können. Das wäre auch ein Gewinn für ihre Kinder.

_____________________

#ohneVaeter ist eine Interviewreihe, mit  Eltern_Müttern* jeden Alters, die ihre Kinder (zum größten Teil) ohne Cis-Väter betreuen. Ausführliche Info zu meiner Motivation und wie ihr teilnehmen könnt findet ihr hier und hier.

Beitragsbild © Elena

ohne väter

ohne Väter: Kapitel 11 – Sonja

21. März 2016 by frau naijn Keine Kommentare

Ich bin heute 57 und wurde 1984 zum ersten Mal Mutter. Als ich schon wusste, dass ich mich scheiden lassen muss, um zu überleben, habe ich noch ein zweites Kind bekommen (1986), damit meine Tochter kein Einzelkind wird. Das war eine gute und richtige Entscheidung.

Im Gegensatz zu meinem damaligen Mann bedeutet mir Elternschaft Teilnahme an der Entwicklung eines Menschleins:

Feststellen was so da ist, helfen und lenken, nicht verbiegen, unterstützen und LIEBEN. Ich hatte selbst keine sehr erfreuliche Kindheit und wollte außerdem mit meinen Kindern zusammen noch einmal selbst Kind sein – das hat funktioniert, aber es war natürlich nicht immer so romantisch, wie es sich jetzt anhört.

Ulrich Joho: DDR. Warten. Berlin 1985

Kurz zum Umfeld: In der DDR gab es zwar, auch immer stark politisch geprägt, die Frauenrechte und die Gleichberechtigung. Zumindest auf dem Papier. Bezahlung, Bildungsmöglichkeiten usw. waren tatsächlich weitgehend gleichberechtigt, im gesellschaftlichen Leben war es jedoch für eine alleinerziehende Mutter ebenso schwierig wie heute, als solche anerkannt zu werden, obwohl es in der DDR damals viel mehr gab als in den alten Bundesländern.

Aber dieses Thema führt hier zu weit.

Familie bedeutet für mich bis heute eine Gemeinschaft, in der alle auch gleichberechtigt sind. Die Interessen meiner Kinder waren mir immer wichtig. Beispielsweise hätte ich nie mit einem Mann zusammen leben können, der sie nicht auch liebt und akzeptiert.

Deswegen habe ich dann auch weiterhin allein gelebt, weil sich ein solcher nicht gefunden hat.
Ich habe es ein paarmal wieder versucht, aber es hat nicht funktioniert wie ich es mir vorgestellt habe.

Ich habe immer Vollzeit gearbeitet als Bauingenieur, bis heute.
In einer Gesprächstherapie wegen persönlicher Schwierigkeiten, hat der Psychologe mir diese Sicht eröffnet, dass wir zu Dritt sehr wohl eine Familie sind und ich stolz darauf sein soll, dass es so gut läuft.
Das war ein schöner Tag… Seitdem habe ich nicht mehr gesucht und wir haben eigentlich niemanden vermisst.

Es wäre sicher auch schwierig gewesen für einen Mann, wir waren eine gute Gemeinschaft. Und die Kinder waren auch nicht einfach, Tochter hochbegabt und mein Sohn nicht weniger begabt, aber hyperaktiv.

In Leben meiner Kinder war kein Vater. Nachdem sich herausgestellt hat, dass ich es mit der Scheidung ernst meine und die Kinder als Werkzeug im Ehekrieg versagt haben (meine Tochter war vier und mein Sohn zwei Jahre alt), ist das Interesse völlig verloren gegangen.

Er hat sich in all den Jahren nur wenige Male gemeldet, wenn er keinen Unterhalt mehr zahlen wollte. Er dachte dann, er könnte den Kontakt erzwingen. Das war natürlich nicht so und die Kinder waren damals schon alt genug um selbst zu entscheiden. Sie hatten jedoch kein Interesse, weil sie ihn nicht kannten.

Unterstützung hatten wir nicht. Meine Eltern waren beispielsweise der Meinung, dass ich selbst meine Lage verschuldet habe – Lehrer eben.

Das Geld hat gerade immer so gereicht, Dank meines Berufes. Als meine Tochter studiert hat wurde es echt knapp, wir haben zwar BAföG bekommen, aber das war wenig und dann kamen die Studiengebühren, zum Glück nur für zwei Semester.
Beide Kinder haben während ihrer Ausbildung zusätzlich arbeiten müssen.

Mein Alltag sah so aus, dass ich immer alle Arbeit in der Woche erledigt habe, damit ich am Wochenende Zeit habe.

Wir hatten kein Fernsehen, wir haben viel erzählt und es waren oft andere Kinder da, die das schön fanden.

Schwer war die Zeit der Pubertät von meiner Tochter. Da hätte ich gern einen Partner gehabt, der mir immer mal sagt, dass er mich liebt.

Es war auch schwer, als die beiden dann von zu Hause weggegangen sind. Ich habe sie zu selbständig denkenden Menschen erzogen, also war das abzusehen.

Ich bin in ein schwarzes Loch gefallen. Beide hat es nach Hessen verschlagen und ich bin dann auch hergezogen. Wir sehen uns nicht häufig, aber es geht mir gut, weil sie in der Nähe sind. Das genügt mir.

Ich denke nicht, dass genug für alleinerziehende Mütter getan wird. Von Rücksichtnahme und notwendigen Sonderregelungen und finanzieller Unterstützung mal abgesehen fehlt vor allem die Anerkennung der Leistung und der Entscheidung über das eigene Leben.

Ich finde es furchtbar, dass Frauen bei einem ungeliebten Mann bleiben müssen oder in Kauf nehmen misshandelt oder fertig gemacht zu werden, damit die Kinder eine ordentliche Ausbildung bekommen können.
Ich finde aber auch unerträglich, wenn Frauen das tun, damit das Kind weiter Reiten gehen kann und weiterhin zweimal im Jahr auf Hawaii Urlaub machen kann. Ich will damit sagen, dass Freiheit auch ihren Preis hat.

Das beste Familienkonzept ist das, in dem jeder anerkannt wird und sich entfalten kann. Das hängt von den einzelnen Menschen ab und daher würde ich keine Festlegung treffen.

Feminismus gab es in dieser Form nicht in der DDR und ich kann damit wenig anfangen. Er interessiert mich auch nicht weiter, weil ich denke, eine Verbesserung ist nur mit allen Beteiligten, also auch mit den Männern, möglich.

Wenn ich meine Kinder heute sehe, beide mit Partnern und eines mit Kind, habe ich offenbar nicht so viel falsch gemacht.

Unsere Familienform hat ihnen in keiner Weise geschadet.

Ich selbst lebe inzwischen, nach vielen Jahren allein, auch wieder mit einem Mann zusammen und es funktioniert.

_____________________

#ohneVaeter ist eine Interviewreihe, mit  Eltern_Müttern* jeden Alters, die ihre Kinder (zum größten Teil) ohne Cis-Väter betreuen. Ausführliche Info zu meiner Motivation und wie ihr teilnehmen könnt findet ihr hier und hier.

Beitragsbild (CC BY-SA 2.0) Ulrich Joho via flickr

ohne väter

ohne Väter: Kapitel 10 – Elisabeth

14. März 2016 by frau naijn 1 Kommentar

CIMG3325.JPG

Stell dich bitte kurz vor:
Elisabeth, 37 Jahre, vollzeiterwerbstätig, Akademikerin, meine Tochter ist 4 Jahre alt.

Ich bin eine single mother by choice, also gezielt alleinerziehend. Vor einigen Jahren hatte ich einen starken Kinderwunsch über eine lange Zeit, konnte aber keinen Mann finden, der mitmacht. Deswegen bin ich dann allein schwanger geworden (mit Hilfe eines anonymen Samenspenders in einer Fruchtbarkeitsklinik in Dänemark – relativ kostspielig).

 Wie lange bist du schon Mutter*?
4 Jahre

Was ist für dich Familie? Was ist für dich Elternschaft?
Familie sind in erster Linie Verwandte für mich. Elternschaft finde ich leichter, als gedacht. Es ist ein Verantwortlich- und Zuständigsein. Ganz viel Liebe, Fürsorge und vor allem Angst und Sich-Sorgen. Seit ich Mutter bin, bin ich viel verletzlicher, mitfühlender und empfindlicher, zum Beispiel hinsichtlich Gewalt.

Wieviel Vater ist in eurem Leben?
Zum Glück gar nichts, denn so gibt es keinen Streit. Bei vielen getrennten Eltern erlebe ich krasse Konflikte über die Kinder/Erziehung/Finanzierung. Das bleibt mir völlig erspart. Ich empfinde es als großen Luxus, immer alles allein entscheiden zu können und mich nie absprechen zu müssen – außer mit meiner Tochter.

Wer unterstützt euch?
Meine Eltern, die meine Tochter mehrmals im Jahr für mehrere Tage oder ein, zwei Wochen nehmen und sogar mit ihr in den Urlaub fahren. Das ist sehr bequem und hat mir wirklich geholfen, die anstrengenden ersten Jahre durchzustehen. Damals brauchte ich viel Zeit für mich ohne meine Tochter und meine Eltern sind auch kurzfristig eingesprungen. Leider wohnen sie recht weit weg.

Ich achte sehr darauf, dass meine Tochter enge Bindungen zu anderen Menschen hat. Sie liebt ihre Großeltern und auch enge Freundinnen und Freunde von mir, die auch Zeit mir ihr verbringen – ohne mich.

Außerdem habe ich eine Kinderfrau, die ich bezahle und die meine Tochter ungefähr einmal pro Woche früher aus dem Kindergarten abholt und mit ihr in die Musikschule geht. Sie passt auch auf, wenn ich abends mal ausgehen möchte oder irgendwelche Termine habe.

Wie sieht eure finanzielle Situation aus?
Zum Glück nicht schlecht, weil ich eine gut bezahlte Stelle habe und Vollzeit arbeite. Ich weiß, dass ich damit als Alleinerziehende sehr privilegiert bin.

Beschreibe doch einmal euren Alltag, einen ganz gewöhnlichen Wochentag z.B., (ohne Vater) bitte:
Schlafen und Kuscheln bis 7:30 Uhr, dann Frühstück und Morgenroutine. Aus dem Haus zwischen 8 und 8:30 Uhr, so dass meine Tochter vor 9 Uhr im Kindergarten ist. Dann fahre ich zur Arbeit und hole das Kind gegen 17 Uhr wieder ab, dann einkaufen oder Sachen erledigen, 18:30 Abendessen, Abendroutine und 8 Uhr liegt sie im Bett. Ich gehe dann vor Mitternacht ins Bett, habe also auf Arbeit und abends noch Zeit für mich allein. Mindestens einmal pro Woche arbeite ich länger, um auf die volle Stundenzahl zu kommen. An diesen Tagen wird meine Tochter dann von meiner Kinderfrau abgeholt. Zum Glück muss ich nur am Wochenende kochen, und dann beläuft sich das auch oft auf einfache Gerichte wie Pasta oder Eierkuchen. Putzen wird immer schnell nebenbei erledigt – es wird auch nicht sehr schmutzig bei uns bzw. ich habe da auch eine hohe Drecktoleranz. Entspannt eine Serie zu gucken ist mir wichtiger als Fensterputzen.

Was ist schwer?
Nie krank sein zu können, denn dann müsste ich mich trotzdem aufraffen und in den Kindergarten fahren. Und ich ärgere mich, wenn ich in der Beziehung zu meiner Tochter mit meinen Mustern konfrontiert werde, z.B. herrisch zu sein oder aufbrausend.

Ich habe im Alltag relativ wenig Zeit, um Männer kennen zu lernen – manchmal fühle ich mich sehr einsam. Seit meine Tochter ein bisschen größer ist, machen wir aber auch im Alltag spontan schöne Dinge wie mal Pizza essen oder so, anstatt immer derselben Routine zu folgen. Aber flirten ist mit Kind schwieriger, finde ich. Ich glaube, dass Männer dann davon ausgehen, dass es einen Vater gibt, der mein Partner ist. Ich habe auch keine Lust, immer sofort allen auf die Nase zu binden, dass ich alleinerziehend bin.

Schwer ist es auch, mich immer gehetzt zu fühlen, weil die Zeit nicht reicht. Manchmal genügt meine Arbeit dann nicht meinen Ansprüchen. Ich versuche immer, viel zu reflektieren und mich bewusst zu fragen, wie es mir geht und was mir fehlt oder gut tut. Damit ich eben nicht in so ein Hamsterrad gerate. Leider lasse ich meine Genervtheit am Zeitmangel oft an meiner Tochter aus. Andererseits lernt sie dann gleich, dass Mama auch menschlich ist und mal fälschlicherweise rummotzt.

Was ist leicht?
Ich habe ein ganz wunderbares Kind, das sehr fröhlich und offen ist. Meine Tochter hat gelernt, dass ich auch Bedürfnisse habe, die respektiert werden müssen. Ich bespreche viel mit ihr und lasse sie (in einem sinnvollen Rahmen) viel mit entscheiden. Deswegen ist meine Tochter ziemlich selbständig, selbstbewusst und verständig.

Nach wie vor finde ich es sehr schön und erleichternd, alles allein entscheiden und machen zu können. Dass niemand reinquatscht und nichts abgestimmt werden muss, macht vieles leichter, das genieße ich. Ich bin ja allein verantwortlich für meine Situation als Alleinerziehende, das spart mir den Frust und die Auseinandersetzung mit anderen, denen ich vielleicht die Schuld für schwierige Situationen zuschieben würde.

Interessanterweise wird es leichter mit der Zeit, sich gegen gesellschaftliche Mutter- und Kümmererbilder zu stellen. Im Kindergarten fangen einige andere Mütter jetzt schon damit an, Schulen auszusuchen. Es gehört offenbar zur Sorgearbeit dazu, sich darüber frühzeitig Gedanken zu machen. Meine Tochter soll einfach in die nahegelegene Einzugsschule gehen. Ich mache mir da keinen Stress. Das sorgt bei manchen schon für Befremden. Je mehr meine Tochter „beweist“, dass sie ein tolles Mädchen geworden ist, ohne dass ich mir zu viele Gedanken mache, desto leichter fällt es mir, nicht so viel über die Meinung Anderer nachzudenken.

Ich habe meiner Tochter immer schon Sachen „zugemutet“, die in den Augen vieler anderer Eltern als nicht altersgerecht gelten. Dieses Jahr fahre ich mit ihr für vier Wochen als Rucksackreisende nach Asien. Ich glaube, dass man die eigenen Ängste nicht zu sehr auf die Kinder projizieren sollte. Die meisten Kinder kommen in ungewohnten Situationen sehr gut klar, wenn die Eltern/Mütter selbst mit Spaß dabei sind. Diese zunehmende Befreiung von gesellschaftlichen Bildern darüber, was richtig und angemessen ist, tut mir gut.

CIMG3915.JPG

Was/Wer* empowert dich?
Die Reaktionen meiner Umwelt, also wenn zum Beispiel Freundinnen mir sagen, wie sehr sie mich bewundern. Dann halte ich inne und denke mir: Ja, stimmt. Was ich hier allein mache ist wirklich toll.

Alleinerziehende werden ja oft als Opfer dargestellt. Aber viele Frauen (und ganz, ganz wenige Männer) sind ja auch alleinerziehend, weil sie das andere Elternteil in die Wüste geschickt haben. Das ist meiner Ansicht nach auch eine Form von Empowerment. Wenn ich irgendwo erzähle, dass ich alleinerziehend bin, dann kriege ich immer wieder Sprüche zu hören wie „Ach Du Ärmste, ist er Dir weggerannt?“. Dabei bin ich genau das Gegenteil eines Opfers, weil ich mich ja für das Alleinerziehen entschieden habe. Klar sind Alleinerziehende in vielerlei Hinsicht benachteiligt. Aber deswegen müssen sie nicht noch mit diesem gesellschaftlichen Opferdiskurs behelligt werden.

Ich versuche auch, andere Eltern, besonders Mütter, zu loben und zu bestärken. Leider ist Anerkennung für Mütter gesellschaftlich kaum vorgesehen – Kritik dagegen viel zu sehr.

Als bestärkend empfinde ich es auch, wenn ich Spaß habe. Das zeigt mir, dass ich auf dem richtigen Weg bin. Es empowert mich auch, wenn ich allein bin und glücklich damit. Ich bin nicht nur Mutter, sondern auch Elisabeth.

Denkst du politisch & gesellschaftlich wird genug für Mütter* getan?
Natürlich nicht: Es gibt eine klare Bevorzugung von Eheleuten, egal ob mit oder ohne Kinder, zum Beispiel im Familien- oder Steuerrecht. Ein-Eltern-Familien sind weit unten auf der Skala rechtlicher Regelungen, staatlicher Leistungen und gesellschaftlicher Wertschätzung.

Was fehlt?
Solide Finanzausstattung von Ein-Eltern-Familien, egalitäres Geschlechterbild inklusive Gleichwertigkeit in Recht, gesellschaftlicher und kultureller Teilhabe.

Was wünschst du dir von deiner Umwelt?
Mehr Rücksicht, also zum Beispiel keine Meetings, die 16 Uhr beginnen. Mehr Kinder- und Familienfreundlichkeit im Alltag, von abgesenkten Bordsteinen bis vergünstigte Eintrittspreise.

Was wäre für dich persönlich das beste Familienkonzept?
Meins – mit einem Partner für mich (aber nicht als Vaterersatz).

Findest du Support im Feminismus?
Ja, sehr stark. Es ist mir wichtig, dass feministische Gedanken und Aktionen dem Malestream immer wieder etwas entgegensetzen. Das baut mich auf. Mein Lebensmodell als single mother by choice ist nur deswegen für mich möglich, weil ich Feministin bin.

_____________________

#ohneVaeter ist eine Interviewreihe, mit  Eltern_Müttern* jeden Alters, die ihre Kinder (zum größten Teil) ohne Cis-Väter betreuen. Ausführliche Info zu meiner Motivation und wie ihr teilnehmen könnt findet ihr hier und hier.

Beitragsbilder © Elisabeth

 

 

Page 2 of 6«1234»...Last »

Kategorien

  • archiv
  • elter* sein
  • finding erna
  • momswear
  • ohne väter
  • riot mom records
  • sein

Neue Beiträge

  • Wovon leben Sie denn?
  • NichtmehrKampfTag
  • finding erna: 1997
  • sometimes, very rarely, I write poems…
  • hallo welt, hier ist brause*mag

Unterstützer*in werden

Gastauftritte


hey... is that me?*
glücklich scheitern
distelfliege
mädchenmannschaft
blogrebellen

Social

  • Profil von memyselfandchild auf Facebook anzeigen
  • Profil von frau_naijn auf Twitter anzeigen
  • Profil von memyselfandchild auf Instagram anzeigen

Archive

MMAC per Mail

Gib deine E-Mail-Adresse an, um diesen Blog zu abonnieren und Benachrichtigungen über neue Beiträge via E-Mail zu erhalten.

Schließe dich 1.609 anderen Abonnenten an

Meta

  • Anmelden
  • Beitrags-Feed (RSS)
  • Kommentare als RSS
  • WordPress.org

© 2013-2017 ME, MYSELF & CHILD // All rights reserved
Diese Website benutzt Cookies. Wenn du die Website weiter nutzt, gehen wir von deinem Einverständnis aus.OK